I’m Too old! & andere Alters-Stereotypen

Hast du dir schon einmal gedacht oder auch von anderen gehört, dass du „zu alt“ für etwas bist? Ich denke, sehr oft ist das einfach eine Ausrede, etwas nicht mehr zu machen oder machen zu wollen oder auch nur ein Schubladisieren von Senioren. Dabei scheint unsere Gesellschaft hier aber eine Doppelmoral zu haben, denn einerseits wird mit forever young und Anti-Aging der Wunsch nach ewiger Jugend betont und andererseits werden Menschen (z.B. im Arbeitsmarkt) bereits mit 55 als too old! angesehen!

Too old! ist aber nur eine der vielen Stereotypen über das Alter, die uns überall begegnen und uns einschränken!

Natürlich werden wir älter und manches geht irgendwann nicht mehr so wie gewohnt oder wie man es gerne hätte. Und ich will auch keinesfalls den Eindruck erwecken, dass ich durch eine rosarote Brille schaue und das Alter in all seinen Facetten schönreden will. Aber Altersvorurteile und Stereotypen umgeben uns überall und sie tun uns einfach nicht gut – weder zwischenmenschlich, noch gesellschaftlich und schon gar nicht, wenn wir sie bewusst oder unbewusst in unserem inneren Dialog abspielen.

Daher möchte ich hier mit einigen dieser Alters-Stereotypen aufräumen und vor allem zeigen, wie wir den verinnerlichten Vorurteilen auf die Spur kommen, sie loswerden und unseren ganz persönlichen Weg im Alter mit Freude gehen können.

Takeaway

  • Alters-Stereotypen und Vorurteile sind wie eine Hintergrundbeschallung im Kaufhaus. Setz mal bewusst „innere Kopfhörer“ auf und hör dir selber genau zu, welche du verinnerlicht hast.

  • Im Alter gibt es Veränderungen, aber bring das nicht mit too old! in Zusammenhang und vor allem, bleib dort gedanklich nicht hängen. Auch in jungen Jahren triffst du manchmal Entscheidungen etwas nicht mehr oder anders zu tun – das ist einfach Teil unserer permanenten Entwicklung.

  • Etliche Studien zeigen: Wie wir alt werden, beginnt nicht erst mit 60Plus, sondern bereits mit der Lebenseinstellung in den Zwanzigern!

  • Eine Tapping-Anleitung, um einschränkende Denkmuster zu durchbrechen.

 

Foto von Ron Lach auf pexels

 

WIR WERDEN PERMANENT MIT ALTERS-STEREOTYPEN BESCHALLT

Wir sind alle nicht gefeit vor Altersvorurteilen und Stereotypen und sie umgeben uns bereits von klein auf. Viele kommen aus unseren eigenen Familien z.B. „Krankheiten im Alter sind die Gene, das haben Oma oder Opa auch schon gehabt...!“ (was für ein Irrglaube!) oder aus dem Freundeskreis: „Irgendwelche Weh-Wehchen haben wir doch alle über 60!“ (auch einfach falsch!). Aber ganz großen Einfluss haben zusätzlich die Medien, die Arbeitswelt und die Werbung. Immer wieder lese oder höre ich: Alte Menschen sind langsam, umständlich, technologiefeindlich, können sich nicht mehr anpassen, vergessen viel, haben Angst vor Demenz oder anderen Alterskrankheiten, brauchen Pflege, sind einsam etc. etc. All diese schaurigen Geschichten hinterlassen wirklich kein angenehmes Gefühl und tragen schon gar nicht dazu bei, dass wir im Alter selbstbewusst leben.

In den letzten zwei Jahrzehnten kamen aber auch noch ganz andere Stereotypen auf: Coole Alte sind super fit, lebenslustig, hoch aktiv und bringen bis ins hohe Alter Leistung. Klar ist das möglich (Vorbilder, brauchen wir die noch?), aber wenn man dem nicht entspricht, fühlt man sich gleich noch älter.

Die Werbung hat Senioren schon längst als Zielgruppe erkannt und bedient beide Extreme: Sie suggeriert Bilder von Topfitten, die auf Weltreise gehen, Extremsport betreiben u.v.m. und auf der anderen Seite werden schonungslos und tabulos Gebrechlichkeiten thematisiert (von Inkontinenz über Schmerzen und Vergesslichkeit bis zu Gehhilfen), weil es dafür gut verkaufbare Produkte gibt. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass die Werbung im Fernsehen überhaupt nur von Medikamenten und Produkten für ältere Menschen handelt, bis mein Sohn und Marketingexperte mir schmunzelnd sagte, „das hängt doch nur mit deiner Filmauswahl zusammen, Mom“  Ertappt! In den Social Media ist es noch viel penetranter, denn im Zeitalter der Algorithmen werde ich förmlich bombardiert mit Werbung, die auf mein Alter abgestimmt ist und diese Altersstereotypen bedient.

Das perfide ist: ob sie der Realität entsprechen oder nicht, ist völlig irrelevant, denn allein schon diese Bilder und Worte machen etwas mit uns! Wir sind empfänglicher für sie, als wir es vielleicht gerne hätten. Sie beeinflussen wie wir miteinander umgehen, wie wir uns und andere sehen, mit Veränderungen umgehen und noch viel schlimmer: sie sind eine innere Anleitung für uns – unser inneres Drehbuch – wenn wir nicht verdammt aufpassen!

TOO OLD! ZU ALT?

Diese zwei Worte stellen aus meiner Sicht eine ganz eigene Kategorie dar, denn sie haben etwas Finales! Sie sind wie ein Stempel, den man sich selber gibt oder den einem jemand aufdrückt und der ausdrückt „etwas Bestimmtes ist vorbei - für immer!“

Dabei lernen wir das bereits ganz früh in unserem Leben. Ich glaube eine der ersten bewussten „dafür bist du zu alt“-Zurechtweisungen, ist der Schnuller. Wie oft haben wir das gehört! Und wie schwierig war es für manche, sich davon zu verabschieden! Und doch haben wir gelernt: es gibt ein gutes Leben ohne Schnuller 😀! Ich kann mir vorstellen, einige von euch werden mir jetzt entgegenhalten, dass das ja kein tragfähiger Vergleich ist, denn jetzt im Alter geht es ja um viel mehr. Klar tut es das, aber wir können ja auch mit viel mehr erfolgreich umgehen.

Wenn es z.B. um sportliche Aktivitäten geht, kann man natürlich immer beschließen, etwas nicht mehr zu machen, aus welchen Gründen auch immer (Kondition, Risiko,...). Egal was es ist, bleib bitte nicht bei „zu alt dafür“ hängen, sondern geh einfach weiter und such dir etwas anderes. Sag deinem inneren Navi einfach „die Route wird neu berechnet“ – denn das Ziel bleibt ja gleich: strahlend alt werden!

Manchmal stimmt „zu alt dafür“ auch schlicht nicht. Ich zum Beispiel habe geglaubt, meine Finger sind jetzt zu ungeschickt für feine Arbeiten geworden. Dann bescherte mir mein Geburtstag unerwartet eine neue Nähmaschine und – ich hätte es nie geglaubt – plötzlich macht es mir wieder Spaß, selbst komplizierte Dinge zu nähen. Ich war schlicht und einfach nur aus der Übung!

Um mir ein Bild zu verschaffen, was man gegen das Vorurteil too old! für den Arbeitsmarkt tun kann, habe ich mich mit einer HR-Managerin und Personalentwicklerin unterhalten. Und von ihr die überraschenden Informationen bekommen, dass es zwar schwierig sein kann, mit Mitte/Ende 50 einen neuen Job zu bekommen, aber keinesfalls so aussichtslos ist, wie man oft glaubt. Immer öfter betrachten es Unternehmen sogar als Vorteil, wenn sie jemanden rekrutieren, der nur mehr wenige Jahre bis zur Pension hat! Wie in allen anderen Bereichen spielt die persönliche Einstellung eine unglaublich große Rolle, und man soll sich auch hier nur ja nicht in Schubladen stecken (lassen).

WIE UNSERE SICHT AUFS ÄLTERWERDEN UNSER EIGENES ALTERN BEEINFLUSST

Schon 55 Millisekunden (das ist weniger als ein Wimpernschlag!) Konfrontation mit Altersstereotypen haben Auswirkungen auf unseren Körper! Studien haben gezeigt, dass Testpersonen, die negative Altersstereotypen auf einem Computer aufblitzen sahen, eine deutlich zittrigere Handschrift hatten und langsamer gegangen sind, als die Versuchspersonen aus der Gruppe, denen positive Wörter wie gezeigt wurden.[1] Wenn das alleine schon bemerkbar ist, wie sehr muss sich die permanente Hintergrundbeschallung des Alltags auswirken?

Dazu passen auch die Ergebnisse aus folgenden Studien, die ich richtig faszinierend finde.

×        In einer wurden jüngere Erwachsene zwischen 18 und 49 Jahren gefragt, was Altern für sie bedeutet und dann wurde die Gesundheit dieser Erwachsenen über fast vier Jahrzehnte beobachtet. Diejenigen, die in jungen Jahren eine negative Sicht auf das Älterwerden hegten, hatten später ein doppelt so hohes Risiko, einen ernsthaften Herz-Kreislauf-Vorfall zu erleiden![2]

×        Die sogenannte Nonnenstudie[3] zeigte: jene Nonnen mit positiver Lebenseinstellung bereits im Alter von 25-35, hatten keine Demenzsymptome, selbst wenn ihr Gehirn z.T. Ablagerungen zeigte.

×        Und eine Studie  mit über 50-jährigen Teilnehmern ergab: Hatten diese eine positive Sicht auf das Älterwerden, so zeigten sie nicht nur eine bessere Gesundheit während der 20 Jahre dauernden Studie, sondern sie lebten auch im Durchschnitt siebeneinhalb Jahre länger als Teilnehmer mit einer negativen Sicht auf das Älterwerden.[4]

Nicht die bessere Gesundheit führt zu einer positiven Sicht auf das Älterwerden, sondern umgekehrt,
eine positive Sicht auf das Älterwerden schützt vor Erkrankungen!
[4] Martin Tomasik
(Psychologisches Institut der Universität Zürich)

Der Wirkungsmechanismus von verinnerlichten, negativen Alters-Stereotypen (Ageismus) läuft einerseits unbewusst über die typischen self-fulfilling prophecies ab (aus meiner Sicht definitiv energetisch), aber natürlich auch über das bewusste (Gesundheits-)Verhalten. Jemand mit negativer Sicht auf das Älterwerden wird sich entweder körperlich weniger bewegen, sich vernachlässigen oder im anderen Fall extrem überfordern. Allein der Glaube, dass man etwas aufgrund des eigenen Alters nicht (mehr) kann oder sollte, kann einen so einschränken, dass man es gar nicht erst probiert, neue Lernmöglichkeiten nicht mehr wahrnimmt oder sich gegen Veränderungen wehrt. Ageismus kann die persönlichen Ängste vor Krankheiten verstärken; diese lösen dann Stress aus, der sich schließlich gesundheitlich bemerkbar macht. [2] Die Autorin Becca Levin (Yale University) unterstreicht den Einfluss von Alter-Stereotypen „Während überwiegend angenommen wird, dass der Alterungsprozess ausschließlich ein physiologischer Prozess des unvermeidlichen Verfalls ist, gehen wir davon aus, dass der Alterungsprozess zu einem wesentlichen Teil auch ein soziales Konstrukt ist.“[1]

Verinnerlichter Ageismus schadet dem individuellen Selbstwertgefühl und reduziert das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten! [5]

Für mich ergeben sich daraus gleich mehrere Verantwortungen

  1. Ich möchte mich von dieser Hintergrundbeschallung abkoppeln, meinem inneren Drehbuch auf die Schliche kommen und es nach meinen Vorstellungen ausrichten!

  2. Ich muss mir klar sein, wie mein persönliches Altersbild ist und wie ich alt sein möchte!

  3. Ich möchte mit meiner Einstellung und meinem Verhalten ein Vorbild für junge Menschen sein, sodass sie bereits früh ein gutes Bild vom Altwerden haben.

JEDE VERÄNDERUNG BEGINNT MIT SELF-AWARENESS – ALSO EIGENWAHRNEHMUNG DURCH ACHTSAMKEIT

Nur wenn es einem gelingt, sich aus einer neutralen Position, ohne sofortige Bewertung und Kritik, zu beobachten, wird man herausfinden, welche Stereotypen einen am meisten beeinflussen. Das ist überhaupt nicht einfach, weil wir ja immer glauben, das, was wir denken sei das Wahre.

Erinnerst du dich noch an das innere Kernteam? (Höheres Selbst – Seele – neutraler Beobachter - Verstand – Ego – Herz – Innere Kinder). Während die permanente innere Stimme im Kopf aus einer Kombination von EGO und Verstand kommt, die dir alles mögliche einreden will (z.B.: Aber die Realität zeigt doch, dass wir vergesslich, langsam, umständlich etc. werden!), kann dir der innere, neutrale Beobachter helfen, diese Muster aufzudecken, denn es ist primär ein Glaubenssatz, nicht unbedingt aber die Realität sein. Den inneren Beobachter allerdings muss man trainieren und ihm Raum geben, indem man langsamer und achtsamer wird. Zum Beispiel durch Meditation. Dann wird er dir helfen, deiner Gedankenflut weniger Bedeutung zu geben, sie in den Griff zu bekommen und in eine Richtung zu lenken, die DU möchtest statt dich limitierenden Gedanken unterzuordnen.

Nimm dir einen Zeitraum, z.B. ein oder 2 Wochen, und hör dir selber und anderen aufmerksam zu. Welche Sätze kommen häufig vor (negative wie positive, aber auch vermeintlich neutrale). Welches Gefühl lösen sie aus? Was triggert dich? Schreib dir diese Sätze unreflektiert auf und ich bin sicher, du wirst einige Muster erkennen.

MIT DEM FOLGENDEN TAPPING KANNST DU INNERE VORURTEILE LEICHT VERÄNDERN

Tapping eignet sich nicht nur, um Stress abzubauen, sondern hilft auch, Denkmuster zu durchbrechen und neue zu verankern. Genau das, was wir brauchen, um Stereotypen nachhaltig zu verändern.

Zu diesem Tapping hat mich Brad Yates inspiriert, einer der bekanntesten EFT Emotional Freedom Technique Trainer. Von ihm gibt es unzählige YouTube-Beiträge, unter anderem auch zum Thema Alter z.B. Getting Older – Aging More Gracefully oder I´m Too Old!

Ich habe diese in einer deutschen Version zusammengefasst und mit meinen Ideen ergänzt. Alle Statements die ich darin anspreche, sind natürlich nur Vorschläge, die ich immer wieder höre. Noch wirkungsvoller ist es, wenn du dich nur an das Schema und den Rhythmus anlehnst und dazu deine eigenen Glaubensmuster sowie deine eigenen Wünsche ansprichst, die für dich in diesem Moment passend sind.

Wenn du jetzt Lust hast, einige Stereotypen rund ums Alter loszuwerden und damit auch dein körperliches Wohlbefinden zu unterstützen kannst du HIER mit mir tappen (dauert ca. 20 Minuten).

 

Foto: Md Abdul Halim auf pexels

 

Herzlichst
Helga


[1] Becca Levy (Division of Social and Behavioral Sciences, School of Public Health, Yale University)
Stereotype embodiment: A psychosocial approach to aging.  NIH National Library of Medicine (2010) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2927354/

[2] Becca Levy: (2009). Stereotype embodiment: A psychosocial approach to aging. Current Directions in Psychological Science, 18, 332-336.

[3] Deborah D. Danner et all: Positive Emotions in Early Life and Longevity: findings from the Nun Study      https://www.apa.org/pubs/journals/releases/psp805804.pdf

[4] Dr. Martin Tomasik: Wie unsere Sicht aufs Älterwerden unser eigenes Altern beeinflusst – Universität Zürich: Psychologisches Institut https://www.psychologie.uzh.ch/de/bereiche/dev/lifespan/erleben/berichte/altern.html

[5] Annika Reketat: Ageism: Was die Altersdiskriminierung bedeutet; UTOPIA 2023 https://utopia.de/ratgeber/ageism-was-die-altersdiskriminierung-bedeutet_496285/