Partnerschaft

Urlaub in der Pension: Solo-Urlaub gehört dazu!

Was ist Urlaub eigentlich, wenn man in der Pension (Rente) sowieso praktisch immer frei hat? In diesem Post findet ihr einige meiner Gedanken dazu.
Für mich bleiben viele Motive natürlich gleich, wie z.B. durch Reisen Abstand vom Alltag zu bekommen oder Neues zu erleben. Neu ist allerdings für mich, Urlaub auch einmal allein zu machen, denn in der Pension verbringt man viel mehr Zeit miteinander als je zuvor, auch wenn vielleicht während des Tages jeder seinen eigenen Dingen nachgeht. (Schatz wir müssen reden – Paar- & Partnerrollen neu definieren)

Ich komme gerade von einer großen Reise zurück, die ich diesmal allein gemacht habe. Neben vielen wunderschönen Erlebnissen habe ich auch interessante Einsichten mit nach Hause genommen. Was mir dabei aufgefallen ist, welche Erkenntnisse ich und mein Mann daraus mitnehmen und warum wir eine Auszeit auch in der besten Beziehung als wichtig und sinnvoll ansehen, das möchte ich diesmal mit euch teilen.

Takeaway

  • Urlaub in der Pension ist so wichtig, wie eh und je! Auch am gemeinsamen Genießen soll sich nichts ändern.

  • Aber: Gönn dir auch mal einen Urlaub allein!

  • Das schärft die Selbständigkeit, stärkt die Eigenverantwortung, bringt neue Ideen und belebt alte Gewohnheiten - .was wiederum die Beziehung lebendiger macht.

 
 

URLAUB IN DER PENSION NEU DENKEN

Mit dem Eintritt in die Pension (Rente) ändert sich nicht nur der Alltag, sondern auch die Bedeutung des Begriffs „Urlaub“. Ohne geregelte Arbeit stellt sich ja die Frage: Was ist Urlaub, wenn man ohnehin täglich frei hat?

Ich habe eine interessante Definition für die Entstehung des Begriffs Urlaub gefunden. Die Bezeichnung geht bereits ins Mittelalter zurück, als Mägde und Knechte nach der Ernte den Bauern, also den damals so genannten „Ur“, um Er“laub“nis bitten mussten, den Hof vorübergehend verlassen zu dürfen.[1] Im späten 19. Jahrhundert bekam der Urlaub dann seine heute gebräuchlichste Bedeutung als eine bezahlte Zeit, die man fern von zuhause oder der Arbeit auf Reisen oder zur Erholung verbringt. Und bekanntlich muss man ja auch heute noch den Urlaub beim Dienstgeber beantragen!

In der Pension ist es doch immer noch ähnlich,

  • Heute müssen wir zwar keinen Dienstgeber mehr um Erlaubnis bitten, aber die Urlaubspläne dennoch mit dem Partner abstimmen – und es ist wichtig, sich gegenseitig auch mal „Urlaub“ zu geben.

  • Fern von zu Hause bedeutet auch „Tapetenwechsel“ und der ist fast immer mit neuen Eindrücken verbunden. Genau die sind ja auch im Alter wichtig (Neues erleben, das glücklich macht)

  • Allerdings steht „Erholung finden“ für mich heute nicht mehr ganz oben auf der Urlaubsliste, denn neben der geringeren Arbeitsbelastung mache ich zur Entspannung mehr Meditation und Bewegung als früher. Aber es gibt sehr viele, die Erholung auch in der Pension dringend brauchen, etwa, wenn jemand seinen Partner pflegt, intensiv in das Oma/Opa-Geschehen eingebunden ist oder eine stressreiche Zeit durchmacht. 

DIE KUNST DES URLAUB MACHENS – GEMEINSAM UND ALLEIN!

Mit den Jahren haben wir viel Erfahrung gesammelt und wissen, was im Urlaub für uns oder den Partner gut funktioniert und was nicht. Aber vielleicht ist ja genau das der Aufhänger dafür, einmal etwas anderes auszuprobieren.

Während unserer Berufsjahre haben mein Mann und ich den Urlaub nicht nur wegen der Reisen und neuen Eindrücke sehnlichst erwartet, sondern auch um endlich Zeit füreinander zu haben. Denn die war in unserem Alltag ziemlich knapp. Auch jetzt in der Pension unternehmen wir nach wie vor gerne etwas gemeinsam, aber nun haben wir viel gemeinsame Zeit. Daher steht heute Folgendes auf der Wunschliste ganz oben:

·         Gemeinsam Neues erleben, von dem wir dann zu Hause noch lange zehren können

·         sowie bewusst alleine etwas unternehmen, sich mit gutem Gefühl Auszeit von der Partnerschaft nehmen und ganz den eigenen Wünschen nachhängen.

Im Internet findet man unter „Urlaub allein“ unendlich viel Information und offensichtlich gibt es einen Trend dazu. Ganz besonders scheint das bei jüngeren Paaren üblich zu sein. Über ältere Paare finde ich wenig und es sollen auch nur etwa 5% der über 55-jährigen allein unterwegs sein.[2] Ich kenne zwar etliche Paare in unserem Alter, die das immer schon gemacht haben, aber überwiegend, finde ich, war es in meiner Generation nicht so üblich, dass man allein verreist ist. Da stand dann schon einmal die Frage im Raum: „Ist bei euch alles in Ordnung?“

Offensichtlich ist etwas von diesen Vorbehalten in meinem Unterbewusstsein übriggeblieben, denn der Satz: „Mein Schatz, ich würde gerne zu meiner Schwester nach Japan fliegen - und zwar allein!“, ist mir echt nicht leichtgefallen, obwohl ich mir sicher war, dass mein Mann meine Idee unterstützen würde.

ALLEIN REISEN SCHÄRFT DIE AUFMERKSAMKEIT!

Das hat er auch und hielt die Reise für eine gute Idee. Der Zwiespalt lag vielmehr bei mir, weil ich weiß, dass er ebenfalls gerne reist und fühlte sich zunächst seltsam und fast egoistisch an. Doch meine Ambivalenz war völlig unbegründet, wir haben beide davon profitiert!

Ich hatte wunderschöne Erlebnisse und Eindrücke, die ich mit nach Hause gebracht habe, aber da ist noch mehr. Allein die Flugreise war eine interessante Erfahrung. Früher, während meiner Berufsjahre, bin ich viel geflogen und war sehr selbständig unterwegs. Auf diesem Flug wurde mir jedoch schnell bewusst, wie sehr ich mich inzwischen daran gewöhnt habe, dass mein Mann einfach da ist. Das viele Zusammensein in der Pension hat zu einer gemütlichen, symbiotischen Abhängigkeit geführt. Wir verlassen uns aufeinander, oft ganz automatisch. Das ist im Grunde ja auch gut, aber die permanente Verfügbarkeit des anderen macht in vielen Bereichen bequem: „Bitte mach du das, du kannst das besser!“ oder umgekehrt „Lass das, ich mach das schon!“ Ich nütze auch gerne das 4-Augenprinzip „Schaust du bitte drüber, wenn ich das online bestelle“ oder „Könntest du mir das Kleingedruckte bitte schnell vorlesen, sonst müsste ich meine Lesebrille herausholen“ (Echt jetzt? Ja! 😂)

Auf der Reise war ich plötzlich wieder allein verantwortlich; niemand war da, mit dem ich mich schnell mal abstimmen konnte und ich hatte stundenlang keinen Gesprächspartner. Das war eine wertvolle Rekalibrierung! Ich merkte, wie sich meine Sinne schärften, ich viel konzentrierter war und wie schnell ich wieder in die Selbstverantwortung früherer Jahre zurückschlüpfte. Ein cooles Gefühl! Allein zu reisen fördert definitiv die Konzentration und Aufmerksamkeit!

ALLEIN DAS ZU HAUSE NEU ENTDECKEN

Auch mein Mann machte während meiner Abwesenheit ebenfalls positive Erfahrungen. Er entschied sich, die Zeit allein zu Hause zu verbringen, anstatt selbst zu verreisen. Anfangs genoss er es, all die kleinen Dinge zu tun, bei denen es normalerweise Kompromisse gibt. So hat er geballt alle seine Lieblingsgerichte genossen! Endlich Würsteln und Leberkäse und kein Salat oder „Gesundes“! Herrlich - hat aber dann gerade einmal nur zwei Tage angehalten 😁! Auch wurden ihm all die vielen kleinen und liebevollen Rituale bewusst, die sich in unserem gemeinsamen Alltag eingenistet haben und jetzt fehlten. Der gemeinsame Kaffee am Vormittag, die Frage: „Was machen wir heute?“, gemeinsame Wanderungen und Diskussionen, etc. All diese Dinge, die man oft für selbstverständlich hält, bekamen wieder eine neue Bedeutung. Nach ein paar Tagen allerdings stellte sich dann für ihn eine wunderbare Leere ein, die sonst so nie da ist, weil ja gemeinsam immer irgendetwas los ist. Diese Ruhe inspirierte ihn zu neuen kreativen Ideen.

SCHWESTERNTAGE: FÜR MÄDELSZEIT IST MAN NIE ZU ALT!

Das haben wir ewig nicht mehr gemacht! Während meines Urlaubs machten meine Schwester und ich einen Kurztrip zu zweit, nur wir beide! Ich glaube das letzte Mal machten wir das vor mehr als 50 Jahren!

Wir hatten ein schönes Hotel gebucht und ließen uns einfach treiben. Zu unserer Überraschung sind wir in kürzester Zeit in einen Modus von Leichtigkeit gefallen, von Humor und Situationskomik, die aus dem Nichts zu kommen schien und die auch kaum jemand sonst versteht. Denn diese Tage erinnerten uns beide wieder an unsere Kindheit und Jugend, also an die Zeiten, in denen wir unbeschwert miteinander lachen und albern konnten, ohne jegliche Verantwortung. Wie herrlich!

KURZURLAUB ALS LEBENSELEXIR

Während ich diese Tage einfach nur genossen habe, waren sie für meine Schwester wie ein aufbauendes Lebenselixier. Seit mehreren Jahren ist sie in die Pflege ihres Mannes eingebunden, und ich habe erlebt, was das bedeutet. Die physische, emotionale und mentale Anstrengung ist enorm und die ständig notwendige Präsenz, die dauernden Herausforderungen und das notwendige Zurückstecken eigener Bedürfnisse sind äußerst belastend. Ich bewundere sehr, wie sie diese Situation akzeptiert und bewältigt und sich trotzdem ihre Zuversicht und positive Einstellung bewahrt hat. So einen Kurzurlaub hat sie seit der Erkrankung ihres Mannes noch nie gemacht, denn wann immer sie etwas Zeit hatte, war sie so erschöpft, dass sie einfach nur Ruhe suchte und nicht Abwechslung. Jetzt spürte sie, wie sehr sie genau die gebraucht hat, um viel Energie zu tanken und für ihren Partner da sein zu können.

WIE GEHT´S WEITER?

All diese Erkenntnisse haben uns angeregt, uns intensiver über das Thema “Was machen wir gemeinsam und was alleine” zu unterhalten und noch mehr daraus zu machen.

Laut der Entwicklungspsychologin Pasqualina Perrig-Chiello liegt gerade in einer gesunden Balance zwischen „Wir“ und „Ich“ einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für langjährige Beziehungen. „Viele Menschen vergessen, ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse zu pflegen, was langfristig dazu führen kann, dass Partner für den anderen uninteressant werden. Gerade im Ruhestand, wenn viel gemeinsame Zeit zur Verfügung steht, ist es entscheidend, Freiräume zu schaffen und zu respektieren.“ [3]

Ich habe beschlossen, mich zuallererst im Alltag bei der Nase zu nehmen und mich weniger dem bequemen WIR hinzugeben, sondern all die kleinen Dinge allein zu machen. Außerdem erstelle ich gerade eine Liste, was ich überhaupt gerne im Urlaub allein machen würde. Das ist etwas völlig anderes als die Eigenständigkeit im Alltag, also Arbeit, Hobbies oder kurz etwas unternehmen, wie z.B. ein Abend mit Freundinnen. Hier geht es darum, welche Bedürfnisse möchte ich abdecken, die eine längere Zeit in Anspruch nehmen oder was möchte ich im Urlaub gerne machen, was meinem Mann keinen Spaß macht.

Mein Mann hat mich mit dem Wunsch überrascht: Ich wäre gerne länger allein zu Hause! Ich habe einige Ideen, für deren Umsetzung ich einfach mehr Ruhe brauche. Ich verstehe ihn, denn als Energetiker weiß ich natürlich, wie sehr wir uns gegenseitig beeinflussen, ohne überhaupt etwas miteinander zu reden oder zu machen. Unsere Herzfelder kommunizieren miteinander (Unsere Herzen sprechen miteinander) und wir spüren auch die Energiefelder des anderen permanent. Allein aus diesem Grund ist es sinnvoll, sich gegenseitig immer wieder Raum zu geben, damit man sich auf die eigene Energie besinnen kann.

Für meine Schwester war der Kurzurlaub ebenfalls ein Auftakt und ein Katalysator, sich in Zukunft nicht nur Ruhe zu gönnen, sondern vor allem auch Zeit für Dinge, die ihr Herz erfreuen. Sie hat bereits einen weiteren Kurzurlaub geplant!

Eine Reise,
viele persönliche Erkenntnisse und
wir alle haben davon profitiert!

Natürlich liegen in jeder Partnerschaft die Dinge etwas anders und das eine oder andere ist für dich vielleicht weniger von Bedeutung, aber ich hoffe, ich konnte dir trotzdem einige neue Ideen sowie Gesprächsstoff geben, wie sinnvoll ein „Urlaub allein“ und Freiraum in der Pension sein kann.

Herzlichst
Helga

[1] Wikipedia – Urlaub: https://de.wikipedia.org/wiki/Urlaub#:~:text=Sprachgeschichtlich%20geht%20der%20Begriff%20Urlaub,ganz%20allgemein%20%E2%80%9EErlaubnis%E2%80%9C%20bedeutete.

[2] https://www.destinet.de/meldungen/menschen-management/statistik-benchmarks/7864-reisetrend-solo-travel-verreisen-deutsche-urlauber-gerne-allein

[3] Pasqualina Perrig-Chiello: Wenn die Liebe nicht mehr jung ist. Hogrefe 2017

 

Schatz, wir müssen reden!

Wenn von Pension die Rede ist, denkt man wohl in erster Linie daran „Was werde ICH jetzt machen?“ Und ein großer Teil meines Blog geht genau darum.

Aber mir ist auch schnell klar geworden, dass sich nicht nur mein eigenes Leben dadurch geändert hat, sondern natürlich auch das meines Mannes, ebenso wie unser gemeinsames. Egal welche neuen Aktivitäten ich jetzt setze, was ich mit meiner Zeit anfangen möchte, es betrifft auch meinen Mann.

Jahrzehnte lang bestimmten die Jobs und die Schule den Tagesablauf. Der Alltag war durchoptimiert und mit der Familie abgestimmt. Und von einen Tag auf den anderen ist alles anders! Diese neue Situation verändert auch alte Muster! Vor allem muss die viele freie Zeit neu geplant werden und das betrifft nicht nur den/die „neue/n“ Pensionisten/Pensionistin selbst, das betrifft immer beide!

Den Satz „Schatz, wir müssen reden!“  kennt ihr sicher aus Filmen oder auch aus dem echten Leben und er verheißt meist nichts Gutes. Aber so wie ich ihn meine, ist er genau das Richtige und unvermeidlich, wenn einer von den Partnern in Pension geht.

So vieles muss ausgeredet werden! Vor allem die Wünsche, Pläne, neuen Ideen und natürlich auch Erwartungen, die vielleicht noch nicht einmal richtig bewusst sind. Mit so einer Veränderung sind auch viele Emotionen wie Ängste und Unsicherheiten im Spiel und auch das gehört ausgesprochen. All das birgt auch die perfekte Chance neue Seiten am Partner kennen zu lernen, für die vielleicht Jahrzehnte lang kein Raum war. Das ist nicht unbedingt immer einfach und für manche kann es zur Zerreißprobe werden, wie die Scheidungs-Statistiken leider zeigen. Aber ich glaube, wenn man sich über das Potenzial bewusst ist, das in dieser neuen Zeit liegt, kann auch ein Honeymoon 2.0 dabei herauskommen!

Take away:

  • Wenn einer in Pension geht, sind immer beide Partner betroffen und diese Veränderungen gehören ausgiebig besprochen.

  • Es sind immer drei Rollen, die neu zu definieren sind: die eigene, die Partnerrolle und die Paarrolle.

  • Vereinbart einen Pensions-Jour-Fixe!

 

Laurenz Vavrovsky

 

IN PENSION MUSS MAN DIE ROLLEN NEU DEFINIEREN!

Nach vielen Jahren Partnerschaft hat man natürlich auch Erfahrung, wie man mit Veränderungen am besten umgeht. Ich kenne auch viele, die einfach ohne großes Brimborium in Pension gehen und es sich einfach mal gut gehen lassen. Aber dieses Dauerurlaubsgefühl ist tückisch und nach einiger Zeit möglicherweise abgenutzt. Und auch der Satz Es wird sich schon einspielen! bedeutet ja nur, dass man sich nicht wirklich mit den Veränderungen beschäftigen mag. Ich glaube, dass die Zeit der Pension und des Alters die große Zeit der Selbsterkenntnis ist und zu dieser gehört die Beziehung zu meinem Partner definitiv dazu.

In der Pension muss die Beziehung
wieder ganz neu erfunden werden!

Also habe ich mich auf die Suche gemacht, welche Anregungen in der Literatur oder im Internet dazu zu finden sind.

Am besten gefiel mir die Studie Das Paar beim Übergang in den Ruhestand von Sabine Buchebner-Ferstl vom Institut für Familienforschung der Universität Wien[i]. Sie beschreibt darin so klar und unverblümt, dass die Veränderungen beim Übergang in diesen neuen Lebensabschnitt oft unterschätzt werden. Denn sie sind nicht nur für den Einzelnen groß, sondern immer auch für den Partner und das Paar gemeinsam. Nachdem viele der alten Rollen und Rituale wegfallen, müssen sie neu ausgehandelt werden.

Hier sind ein paar Erkenntnisse aus dieser Studie, die mir besonders gefallen haben

•       Die eigenen, neuen Rollen in der Pension
Jeder, der in Pension geht, muss sich von den vielen Rollen trennen, die mit dem Beruf verbunden waren (z.B. der Rolle als Erwerbstätiger, als Chef, Mitarbeiter, Kollege, Experte ...) und die freiwerdende Zeit neu füllen. Das bedeutet, dass man für diese viele Zeit nicht nur Tätigkeiten sondern vor allem auch neue Rollen finden muss. Es reicht also nicht zu sagen „Mir wird nie fad, ich weiß mir immer etwas zu tun“, man muss auch in neue Rollen schlüpfen und diese müssen einen erfüllen, also einem etwas bedeuten (Sinn im Alter). Z.B. kann man bisherige Rollen ausbauen (Handwerker, Künstler, Sportler  ...) oder in neue hineinwachsen (Oma/Opa, freiwilliger Mitarbeiter ...) oder einen Teil der alten Rolle behalten (z.B. Senior Advisor).

•       Die Partnerrolle
Egal wofür man sich entscheidet, jede neue Rolle und Beschäftigung hat Auswirkungen auf den Partner/die Partnerin und der/die kann das unterstützen, hinnehmen oder auch ablehnen!  
Ich finde, dass gerade in dieser Neufindung die Chance liegt, neue Seiten am Partner kennenzulernen. Mich jedenfalls hat mein Mann mit seinen neuen kreativen Talenten, die bisher nie gefragt waren, überrascht und begeistert.
Ebenso kann der/die PartnerIn offene oder unausgesprochene Wünsche oder Erwartungen haben, wie z.B. Dann machen wir endlich viel gemeinsam. Bleiben die Erwartungen unausgesprochen, sind Enttäuschungen und Missverständnisse vorprogrammiert. Während ein Partner vielleicht darauf hofft, endlich gemeinsam ausgedehnte Reisen unternehmen zu können, träumt der andere davon, ein Studium zu beginnen.

•       Die Paarrolle
Manche Sachen kann man nur gemeinsam entscheiden. Die wichtigsten sind: Wie teilen wir uns ab jetzt die Hausarbeit auf? Soll sich etwas ändern und wenn ja, was? Wie schaut es mit Distanz und Nähe aus? Wie viel wollen wir gemeinsam machen, wie viel Freiraum wünscht sich jeder? Wie gestaltet man gemeinsame Zeit? Es geht auch darum, neue passende Paarrituale zu finden. Und schließlich natürlich auch, wie gehen wir mit dem (oft) geringeren Budget um.

Ihr seht, es gibt wirklich viel Kommunikationsbedarf! Die wichtigsten Themen, die neu „verhandelt“ werden müssen, sind daher gemäß Sabine Buchebner-Ferstl

  • Zeitgestaltung – individuell und gemeinsam

  • Aufgabenverteilung – speziell im Haushalt

  • Gemeinsamkeiten und Freiräume

  • Wünsche, Erwartungen, Möglichkeiten, Pläne, ....

 

MACHT EINEN PENSIONS-JOUR-FIXE!

In vielen Partnerschaften ist auch die gemeinsame Kommunikation über die langen Jahren mehr und mehr erstarrt und gehört auf den Prüfstand! Denn oft hat sie sich auf die Organisation des Alltags reduziert und manchmal will man schlicht Konflikten ausweichen. Ich weiß eh schon, was er/sie darauf sagen wird! - und bringt daher das Thema gar nicht mehr zur Sprache. Das vermeidet zwar Konflikte, engt allerdings auch sehr ein.

Um grundlegende Dinge zu besprechen - wie ich oben gezeigt habe – braucht es eine große Portion Offenheit. Und das erfordert vielleicht auch eine neue Art miteinander zu sprechen. Es geht hier nämlich nicht um das schnelle abarbeiten von irgendwelchen ToDo-Listen, sondern wirklich darum, dass innige Wünsche ausgesprochen und als solche respektiert werden.

Dafür muss man zuerst einmal den Raum schaffen und aktiv zuhören. Wir haben auf eine Form zurückgegriffen, die uns beiden aus dem Job bekannt war, einen Jour Fixe! Manche Freunde habe diese Herangehensweise belächelt, so im Sinne „Na, ihr könnt euch gar nicht von eurem Managementdasein trennen.“ Aber für uns war das genau richtig, denn, wie ihr in meinem Posting schon findet, Pension und Alter sind ein Job!

Jede Woche gab und gibt es an einem vereinbarten Tag definierte Zeit, wo über nichts anderes gesprochen wird, als

Was braucht es jetzt, damit diese Zeit für uns beide so richtig gut ist
und
wir gemeinsam strahlend alt werden!

Manchmal steht ein konkretes Thema auf der Agenda, manchmal Emotionen und manchmal auch nur Wie geht´s dir gerade. Denn selbst, wenn man viel Zeit miteinander verbringt, ist nicht gesagt, dass man über die wichtigen Dinge redet.

Wie in einem guten Jour-Fixe gibt´s ein paar Regeln einzuhalten. Als erstes ist es vorteilhaft sich vorzubereiten. Klingt vielleicht komisch, aber zu wissen, was man selber will, ist schon mal eine gute Ausgangsbasis. Und dann ist aktiv zuhören das Um-und-Auf! Das bedeutet ausreden lassen, ohne Kommentar, ohne vorschnelle Beurteilung und Stellungnahme und auch nicht nonverbal. Sondern mit der inneren Haltung der Neugierde (auch wenn man die Dinge eh schon kennt – vielleicht ist doch ein neuer Aspekt dabei?), mit Interesse (was steckt wirklich dahinter?) und vor allem voller Wertschätzung!
Anregung dazu findest du im Posting Unsere Herzen sprechen miteinander).

Wenn man so heran geht, kann es sogar sein, dass man Dinge löst, die unvereinbar scheinen, z.B. dass man den Partner bei seinem Wunsch unterstützt, obwohl man selber nicht mitmacht (siehe Beispiel – einer will reisen, der andere studieren – wie wär´s mit einer Studienreise ?)

Probiert es einfach aus, vereinbart euren Pensions-Jour-Fixe und vielleicht ist das auch für euch ein guter Weg, gemeinsam das Bestmögliche zu finden.

GESPRÄCHSTOFF GIBT´S GENUG

Ich habe das besondere Glück, dass all die Themen, die ich in diesem Blog mit euch bespreche – bisher sind es bereits 49 Postings - zuerst einmal bei meinem Mann landen. Er ist mein Lektor und daher werden die Artikel gemeinsam durchbesprochen. Und es war nicht nur einmal, dass wir auf sehr unterschiedliche Ansichten oder Auslegungen gestoßen sind. Besonders lange hat uns das Thema Reden wir über Sterben und Tod beschäftigt, denn darüber spricht man normalerweise am wenigsten. Aber auch über Sinn, Glück, Comfort Food, Lebensrhythmen ... etc. zu diskutieren hat uns näher und näher gebracht - und das nach über 30 Ehejahren!

AKZEPTANZ – EINE QUALITÄT DIE IM ALTER NOCH WICHTIGER WIRD

Als mein Vater 70 war, hatte er einen Herzinfarkt, von dem er sich gut erholte und er fing sofort wieder an viel zu rauchen. Sein Rauchen wurde in unserer Familie zu einem endlosen, negativen Thema, das fast alles andere überschattete. Über wenig anderes wurde geredet. Permanente Vorwürfe standen im Raum Das sollst du doch nicht, und du weißt doch, das schadet dir,  und so geht das nicht... Auf einer Dienstreise hatte ich damals die Gelegenheit einem Kollegen und Arzt mein Herz auszuschütten. Nach einiger Zeit sagte er: „Meinst du nicht, dass dein Vater mit 70 Jahren das Recht hat genau so zu leben, wie er möchte, selbst auf die Gefahr hin, dass er es dadurch verkürzt?“  Ich werde diesen Satz nie vergessen, denn er änderte unser Leben! Ich habe ihn mit meiner Mutter besprochen und ab diesem Zeitpunkt war Rauchen kein Thema mehr. Unser ganzer Fokus lag auf all dem Schönen, das wir gemeinsam erlebt haben! Wir haben mit meinem Vater vereinbart, dass er rauchen kann, wie er das möchte, nur bitte nicht dort, wo wir in seiner Rauchwolke sitzen. Wir hatten daraufhin noch zwei wundervolle gemeinsame Jahre.

Nicht für alles muss eine perfekte Lösung gefunden werden,
manchmal reicht es, zu akzeptieren,
dass der andere über sein Leben bestimmt,
auch wenn ich eine andere Meinung dazu habe.

Versteht mich bitte richtig, es geht hier keineswegs um Resignation. Aber manche Dinge kann man ganz einfach akzeptieren, weil man diesen Menschen liebt.

 

Herzlichst
Helga

[i] Sabine Buchebner-Ferstl: Das Paar beim Übergang in den Ruhestand.  (2004) Österreichisches Institut für Familienforschung; Universität Wien https://www.oif.ac.at/fileadmin/user_upload/p_oif/Working_Paper/wp_41_Paar_Uebergang_Ruhestand.pdf